All the way up – Frauen in Führungspositionen

Was passende Mitarbeiter für ein Unternehmen bedeuten

Keine Sorge, liebe Leser, dies ist kein Artikel über die Emanzipation der Frau, gespickt mit Rollenbildern, Männer-Bashing und alten Klischees, sondern ein nüchterner Abriss der Ist-Situation. Fakt ist, Frauen sind (leider) immer noch in den Führungsebenen deutlich unterrepräsentiert.

Trotz der öffentlichen und medialen Diskussionen, die zwar immer lauter werden, hinkt Deutschland im internationalen Vergleich deutlich hinterher. Ob im mittleren Management, in Spitzenpositionen, in mittelständischen Betrieben oder in den größten DAX-Konzernen – das Bild ist hierzulande das gleiche: Weibliche Führungskräfte sind sehr selten anzutreffen oder fehlen häufig sogar komplett.

Eine Bestandsaufnahme: Frauen in Führungspositionen in Deutschland unter dem EU-Durchschnitt

Werfen wir einen Blick auf die nackten Zahlen. Laut dem Statistischen Bundesamt waren im Jahr 2020 in Deutschland rund 28 % der Führungspositionen von Frauen besetzt. Damit sank der Anteil im Vergleich zum Vorjahr um 2 %. Im direkten Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedsstaaten liegt Deutschland somit nur im unteren Drittel.

Spitzenreiter ist dagegen Lettland mit einer nahezu ausgewogenen Quote von 47 %. Auch in Polen (44 %) und Schweden (42 %) gab es ebenfalls relativ hohe Quoten. Doch es geht nicht nur um die Position an sich, sondern natürlich auch um die gleiche Bezahlung im Vergleich zu den Männern.

Gender Pay Gap: Die Kluft ist viel zu groß

In einer Pressemitteilung vom 9. März 2021 berichtet das Statistische Bundesamt von einem Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern in Höhe von 18 Prozent im Jahr 2020. Zudem verdienten Frauen im Jahr 2020 mit durchschnittlich 18,62 Euro brutto in der Stunde 4,16 Euro weniger als Männer (22,78 Euro).

Diese Zahlen lassen einen verständnislos zurück, denn im Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist die Gleichheit von Frauen und Männern als Grundrecht festgeschrieben: „Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.“

Ergänzend dazu legt Artikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU fest: „Bei allen ihren Tätigkeiten wirkt die Union darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern“.

Mehr Frauen in Führungspositionen: Die Vorteile für Unternehmen

Dabei liegen die Vorteile von weiblichen Führungskräften deutlich auf der Hand. Frauen stellen über die Hälfte der Hochschulabsolventen dar und bilden damit die Mehrheit des potenziellen Fach- und Führungskräftenachwuchses. Daher wäre es doch töricht, dieses leistungsstarke und große Potenzial sehr gut qualifizierter Frauen nicht zu nutzen.

Zudem macht sich eine moderne Unternehmensführung den ausgewogenen Mix der Geschlechter in der Unternehmensspitze zunutze und profitiert somit von den verschiedenen Fähigkeiten. Denn so treffen unterschiedliche Sichtweisen sowie eine höhere Meinungsvielfalt aufeinander und es können erfolgreiche Lösungsstrategien diskutiert werden. Davon profitiert nicht nur das Unternehmen, sondern auch deren Mitarbeiter.

Des Weiteren gelingt es Unternehmen mit Frauen in Führungsebenen, die Risiken zu senken und nachhaltige Erfolge zu erzielen. Jan Riepe und Philip Yang von der Universität Tübingen belegen dies in ihrer Studie zu den betriebswirtschaftlichen Effekten von Frauen in Führungspositionen. Das Resultat der Studie: Unternehmensanleihen gewinnen an Wert, wenn der Anteil von Frauen in diesen Gremien steigt.

Im Übrigen haben unabhängig von der Branche oder Größe des Unternehmens Unterneh­merinnen grundsätzlich mehr weibliche Beschäftigte. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Chefinnen sich häufiger für familien­freundliche Arbeits­bedingungen einsetzen als ihre männlichen Kollegen. Damit wird das Unternehmen auch als Arbeitgeber deutlich attraktiver.

Frauenquote: Eine Lösung des Problems per Gesetz?

Mit einer Quote ist es nicht so einfach getan. Fakt ist, dass die Rahmenbedingungen gendergerecht sein müssen, also gleichwertig für Mann und Frau. Eine verordnete Quote bringt da wenig. Dafür ist ein Wandel der Unternehmenskultur erforderlich. Das bedeutet, dass Mütter – und übrigens auch Väter – eine 40 Stunden Arbeitswoche einfach nicht mehr leisten können, obwohl der Karrierewunsch und Wille deutlich vorhanden sind.

Daher sollten Unternehmen Konzepte und Modelle entwickeln, wie Eltern Beruf und Familie unter einen Hut bringen und gleichzeitig (in einer Führungsposition) arbeiten können. Dies kann beispielsweise durch flexible Arbeitszeiten und -formen, wie Jobsharing, Teilzeit und Homeoffice, geschehen, die sich näher an der Lebensrealität orientieren.

Zudem hat sich in der Forschung gezeigt, dass Unternehmen, die Wert auf Diversität legen, langfristig erfolgreicher sind. Denn sie sind kreativer, innovativer, flexibler, treffen bessere Entscheidungen und lösen leichter Probleme.

Abschließend ist zu erwähnen, dass es keinen universellen Weg gibt, den „Gender Leadership Gap“ zu schließen, da es dafür vielschichtige Ursachen und länderspezifische Unterschiede gibt. Daher muss jedes Land, jede Gesellschaft, jedes Unternehmen an sich und seiner Kultur arbeiten, um diese noch zu große Kluft zu überwinden und endlich eine wirklich faire Gleichstellung zu erreichen.